Verdient mein Opa Erinnerung?
Seit dem 11. Juli ist im Danziger Rathaus die Ausstellung „Unsere Jungs“ zu sehen, deren Hauptinitiator das Museum von Danzig ist. Protagonisten der Ausstellung sind Soldaten aus verschiedenen Teilen Pommerns, die während des Zweiten Weltkriegs in die deutsche Armee eingezogen wurden.
Auf der Website des Museums heißt es: „Es ist die erste monografische Ausstellung, die das Thema des Dienstes der Einwohner des Danziger Pommerns in der deutschen Armee während des Zweiten Weltkriegs so umfassend behandelt. (…) Ihre Schicksale zeigen, wie unterschiedlich die individuellen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Dienst in deutschen Militäreinheiten waren. Sie verbindet jedoch eine gemeinsame, nachkriegszeitliche Realität – die Tatsache, dass sie über Jahrzehnte am Rande der offiziellen historischen Erzählung standen.“

Der Titel der Ausstellung „Unsere Jungs“ in Verbindung mit den Fotos junger Männer in Wehrmachtsuniformen rief sofort rege Diskussionen unter Politikern hervor. Doch neben der erwarteten, im Grunde genommen, choralen Empörung und Verurteilung von Seiten der Rechten, die von einer „Geschichtsfälschung“ spricht, äußerte sich auch Stellvertretender Premierminister Władysław Kosiniak-Kamysz, der erklärte, die Ausstellung „diene nicht der polnischen Erinnerungspolitik“. „Unsere Jungs, Soldaten und Zivilisten, Polen, verteidigten das Vaterland bis zum letzten Tropfen Blut gegen nationalsozialistische Deutsche. Sie sind die Helden, und ihnen gebührt Platz in den Ausstellungen.“

Abgesehen von der Unkenntnis des Ausstellungsinhalts und dem völligen Mangel an Verständnis für die Intentionen der Initiatoren, sowie – vermutlich absichtlichem – Ignorieren des historischen Kontextes und der damit verbundenen Komplexität durch den Stellvertretender Premierminister, stellt sich die Frage, wer einen Platz in der Ausstellung verdient und warum das ausschließlich von der Farbe der Uniform und der Flagge abhängen soll, unter der jemand gekämpft hat? Verdienen es deutsche Schlesier, die in der Wehrmacht kämpften, vergessen zu werden? Kann man sie nicht „unsere Jungs“ nennen? Für Tausende schlesische, pommersche und kaschubische Familien waren sie genau das: Söhne, Brüder, Väter – „unsere Jungs“.
Die Erinnerung an diejenigen, die andere Uniformen trugen, ist Teil der Familiengeschichten. Und diese verdienen ihren Platz im öffentlichen Raum.
Verdient mein Opa keine Erinnerung, weil er kein heldenhafter Verteidiger des polnischen Vaterlandes war? Die Erinnerung an diejenigen, die andere Uniformen trugen, ist Teil der Familiengeschichten. Und diese verdienen nun mal ihren Platz im öffentlichen Raum.