Was tun mit den AfD-Wählern?
Am 23. Februar wird der neue Bundestag gewählt und damit auch folglich eine neue Bundesregierung. Deren Bildung kann sich als schwierig erweisen, wenn man die neuen Umfragen sieht. Denn die bislang großen und größten Parteien, die über Jahrzehnte die politische Bühne in Deutschland geprägt haben, erleben eine größere oder kleinere Misere, dafür erscheinen bis vor kurzem als Randgruppierungen bezeichnete Parteien als immer stärker.
Nicht erst seit gestern laufen viele Vertreter aus Politik, Wissenschaft und vor allem Medien Sturm gegen die AfD und nun auch gegen das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die letztere Gruppierung positioniert sich noch, man weiß also nicht, ob und in welche Schublade das BSWletztendlich einzuordnen sein wird. Anders dagegen die AfD, die wegen Teilen ihrer rechtsradikal gesonnenen Mitglieder und dem Unvermögen der Führung der Partei, sich davon loszusagen, als Ganzes in die rechte Ecke geschoben wurde. Damit hat man zwar klar gezeigt, was die Politik und Gesellschaft von einem auch nur angedachten Rechtsruck halten, gleichzeitig aber das Ziel nicht erreicht.
Knapp zwei Monate vor der Bundestagswahl steht die AfD in den Umfragen an zweiter Stelle nach der CDU/CSU und vor den bisherigen Regierungsparteien – SPD, Grüne, FDP. Irgendetwas ist also falsch gelaufen, dass trotz einer klaren Anti-AfD-Politik diese Partei an Kraft nicht wirklich eingebüßt hat. Mehr noch, ihre Mitglieder, aber auch bislang nur stille Sympathisanten, bekennen sich immer offener zu ihrer Wahl. Und es können doch nicht nur eingefleischte und völlig überzeugte AfD-Wähler sein, die die Umfragewerte so aussehen lassen.
Unter denen, die die AfD womöglich wählen werden, sind auch viele für die dieser Schritt ein Protest gegen die bisherige Politik ist. Ist es also ratsam die AfD (und wegen ihrer nun sehr schlechten Umfragewerte auch die FDP) aus dem öffentlichen Diskurs herausnehmen zu wollen, um ihr keine Plattform zu bieten, oder sollte man sich einfach gut auf eine Diskussion mit Weidel und Co. vorbereiten?
Klar wird es nun schwierig werden, denn die AfD hat in der Vergangenheit so ihre Schwerpunkte gesetzt und sich populistisch bei Themen wie Migration „auf die Seite der armen Leute“ begeben, dass jeder Schritt hin zu eben den Protestwählern als ein Schritt in Richtung AfD ausgelegt wird. Ist es aber am Ende nicht wert und geht es schließlich nicht darum, Wähler zu gewinnen und sie auch zu halten? Die Parteien scheinen hier aber so große Berührungsängste zu haben, dass sie wissentlich (?) einen Teil der potenziellen Wähler mit ihrer Meinung, ihren Problemen und Hoffnungen der AfD überlassen, nur um sich nicht zu nahe an diese Partei heranstellen zu müssen. Dann darf man sich nicht wundern, dass heute die AfD zweitstärkste Kraft in Deutschland ist.
Dr. Rudolf Urban