Unter dem Begriff „Oberschlesische Tragödie“ stehen Angst, Leid und Verfolgung, die viele Menschen dieser Region betrafen. An dieses dunkle Kapitel der Geschichte erinnerte am 25. Januar der „Marsch nach Zgoda“, an dem zahlreiche Bewohner der Region sowie Vertreter aus Politik und der deutschen Minderheit teilnahmen.
„In den wiedereröffneten Arbeits- und Konzentrationslagern, wie in Schwientochlowitz, Lamsdorf, Jaworzno oder Myslowitz starben viele Menschen, während ihre Familien in Armut zurückblieben und so ihre einzigen Versorger verloren“, erinnert Łukasz Kohut, Abgeordneter der Woiwodschaft Schlesien im EU-Parlament. „Wir wollen, dass das Wissen über diese Ereignisse, bekannt als Oberschlesische Tragödie, jeden erreicht, damit alle verstehen, welchen enormen Einfluss sie auf die spätere Geschichte und Entwicklung Schlesiens hatte.“
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Foto: Andrea Polanski
Ein Gedenkjahr für die Opfer
Das Jahr 2025 wurde offiziell zum Jahr der Oberschlesischen Tragödie erklärt, basierend auf einem Beschluss der Regionalparlamente der Woiwodschaften Schlesien und Oppeln. Die Resolution wurde ebenfalls einstimmig am 8. Januar 2025 während der ersten Sitzung in diesem Jahr vom Senat der Republik Polen angenommen. Einen Tag später geschah dies auch im Sejm der Republik Polen. Dieses besondere Jahr soll der Opfer gedenken und das historische Bewusstsein in der Region fördern.
Das Lager Zgoda: Ein Ort des Schreckens
Das Lager Zgoda stand von Februar bis November 1945 unter der Kontrolle des Ministeriums für öffentliche Sicherheit. Einer der Lagerkommandanten war Salomon Morel, der später wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt wurde. Inhaftiert waren Deutsche, Schlesier, Polen und andere Gruppen, oft aufgrund von Verdachtsmomenten der Kollaboration oder des Widerstands gegen die kommunistische Regierung. Die Bedingungen waren extrem hart – Hunger, Krankheiten und brutale Repressionen führten zum Tod Tausender Häftlinge. Das Lager wurde Ende 1945 aufgelöst, und die meisten Überlebenden wurden zum Schweigen über ihre Erlebnisse gezwungen.
Die Deutsche Minderheit als Hüterin der Erinnerung
Die Deutsche Minderheit in der Woiwodschaft Schlesien erinnert seit über 30 Jahren an die Insassen des Lagers. „Schon kurz nach der Wende haben unsere Mitglieder damit begonnen, der Opfer des Lagers Zgoda zu gedenken, und bis heute halten wir diese Tradition aufrecht,” erklärt Martin Lippa, Vorsitzender des DFK Schlesien. „Es ist uns wichtig, an die Opfer des Lagers Zgoda und der anderen Lager zu erinnern, da viele der Häftlinge und Leidtragenden dieser Zeit Deutsche waren, also unsere Vorfahren.”
Der Marsch nach Zgoda: Ein Zeichen des Gedenkens
Der Marsch nach Zgoda” gemahnt an diese menschliche Tragödie, als die ersten Inhaftierten die 10 km lange Strecke von Kattowitz ins Lager zu Fuß zurücklegen mussten. Die Bewegung der Autonomie Schlesiens organisiert die Veranstaltung seit 15 Jahren.
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Foto: Andrea Polanski
Die Deutsche Minderheit hat sich seitdem der Veranstaltung angeschlossen. Auch dieses Jahr nahmen zahlreiche Oberschlesier am Marsch des 25. Januars teil. Ausgestattet mit schlesischen und deutschen Fahnen zog die Gruppe von ca. 100 Personen vom Kattowitzer Plac Wolności los, durch Königshütte und Schwientochlowitz bis ans noch erhaltene Eingangstor des Lagers Zgoda.
Während des Marsches schlossen sich nach und nach immer mehr Menschen an. Unterwegs wurde an zwei Gedenktafeln gestoppt, um Kränze niederzulegen, bevor die Teilnehmer nach einem zweistündigen Fußmarsch das Eingangstor des ehemaligen Lagers erreichten. Dort fand die zentrale Gedenkveranstaltung statt, bei der Kommunalpolitiker, Abgeordnete des Polnischen Sejm und des EU-Parlaments, Senatsmitglieder sowie Vertreter verschiedener Vereine und Institutionen sprachen. Für die Deutsche Minderheit ergriff Eugeniusz Nagel das Wort, Vizevorsitzender des Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen in der Woiwodschaft Schlesien und Vorsitzender des Komitees zum 80. Jahrestag der Oberschlesischen Tragödie. In seiner Rede betonte er die Bedeutung des Gedenkens für die Deutschen in Oberschlesien und erinnerte an einige ehemalige Lagerinsassen, die er persönlich gekannt hatte.
Erinnern für die Zukunft
Der Marsch verdeutlicht, wie wichtig das Erinnern und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für die Region sind. Solche Gedenkveranstaltungen tragen dazu bei, das historische Bewusstsein zu schärfen und das Gedenken an die Opfer lebendig zu halten.