Sie haben auf Feldern gearbeitet, Kinder großgezogen und Häuser gebaut – und trotzdem blieb immer Zeit fürs Singen. Die Gesangsgruppe „Walczanki“ aus Walzen feierte jetzt ihr 50-jähriges Bestehen. Ein Jubiläum voller Musik, Erinnerungen und Geschichten, die zeigen: Tradition lebt im Alltag.
Samstag den 23. August in Walzen. In der Pfarrkirche erklang Dank, im Gemeindezentrum später Gelächter und Gesang. Die „Walczanki“ feierten – und mit ihnen das halbe Dorf. 50 Jahre lang sind sie auf Bühnen gestanden, haben Preise gewonnen, aber vor allem eines getan: gesungen, weil es ihnen Freude macht.

Foto: Dominika Bassek
„So eine Gesangsgruppe ist ein Schatz“, sagt Bürgermeister Rafał Miczka. „Sie waren auf Bühnen in Polen und im Ausland, und man darf mit Stolz sagen: Das ist unser Exportgut. Man kann sich das kulturelle Leben hier ohne sie kaum vorstellen.“
Zwischen Feld und Bühne
Maria Żmija-Glombik, seit Jahrzehnten Leiterin des Ensembles, erinnert sich an die Anfänge. „Bevor man zur Probe ging, musste das Feld bestellt, das Abendessen vorbereitet und der Haushalt erledigt sein. Dann erst kam die Zeit zum Singen.“ Was heute wie eine Anekdote klingt, war Alltag: Musik war Teil des Lebens, nicht Luxus.

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Die Anfänge reichen zurück ins Jahr 1975. Damals war der Chor zunächst eine Gesangsgruppe des Landfrauenvereins, gegründet auf Initiative der Lehrerin Maria Nadolska. Unter der ersten Leiterin, Elżbieta Kozubek, und mit Unterstützung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft erhielten die Frauen ihre ersten Trachten – sorgfältig genäht nach alten Mustern der Region. Der Musikwissenschaftler Dr. Piotr Świerc aus Gogolin formte daraus ein Ensemble mit Profil. „Er kam mit dem Bus zu uns und hat uns umsonst geleitet, weil er an uns glaubte“, erzählt Żmija-Glombik.
Preise, Pannen und Puder
An Auszeichnungen gibt es viele – von der Ehrennadel für die Oppelner Region bis zu unzähligen Pokalen. Doch die Sängerinnen erzählen lieber Geschichten: Wie sie im Senat auftraten, wie sie in Branitz statt in Walzen angekündigt wurden oder wie eine Sängerin sich während der Radfahrt in die Tracht zwängte.

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Auch am Jubiläum fehlte der Humor nicht. Als die Sängerinnen zögerten, auf die Bühne zu treten, rief ihre Leiterin: „Walczanki, los geht’s – keine Ausreden! Sie pudern sich nur noch schnell.“
„Ohne den Chor wäre eine Leere“
Eine der Gründungsmitgliederinnen, Barbara Żak, dachte schon ans Aufhören. „Aber ohne die Walczanki würde etwas fehlen. Da bliebe eine Leere.“ Ein Satz, der vieles erklärt: Hier geht es nicht um Folklore als Folklore, sondern um ein Stück Alltag, das nicht wegzudenken ist.

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Ein Fest, das mehr war als ein Jubiläum
Als die ersten Töne von „Sto lat“ erklangen, war klar: Dies war kein offizieller Festakt, sondern ein Moment, in dem Saal und Bühne eins wurden. Auf der Bühne standen nicht nur die Jubilarinnen selbst, sondern auch Gäste, die die Bedeutung der Walczanki in Worte fassten: Zuzanna Donath-Kasiura, stellvertretende Marschallin der Woiwodschaft Oppeln, Bürgermeister von Walzen Rafał Miczka, Gemeindesekretärin Maria Wacław und Pfarrer Waldemar Klose. Unterstützung kam auch vom Brosci Chorus. Alle Redner betonten dasselbe: Dass dieser Chor mehr ist als Musik – er ist ein Stück kulturelles Gedächtnis, das Oberschlesien bis heute lebendig hält.

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Zuzanna Donath-Kasiura, die stellvertretende Marschallin der Woiwodschaft Oppeln, nannte die Walczanki „goldene Botschafterinnen der schlesischen Kultur und des Gesangs“ und betonte, dass sie zugleich ein lebendiger Beweis für den kulturellen Reichtum dieser Region seien.
Blumen, Gratulationen, Gäste aus Politik und Kirche – all das gab es natürlich. Doch wichtiger waren die Gesichter im Saal: Frauen, die seit Jahrzehnten zusammenstehen, und ein Publikum, das mitsingt und miterinnert. Am Ende stand ein einfaches Gefühl: Die Walczanki sind Teil der Geschichte von Walzen – und sie schreiben diese Geschichte weiter, Lied für Lied.